Bangladesch: Häuser von Christen wurden mit Kreuzen markiert

Nach dem Zusammenbruch der säkularen Regierung von Sheikh Hasina Anfang August in Bangladesch scheinen islamistische Kräfte im Land wieder zu erstarken. In der öffentlichen Verwaltung werden Mitarbeiter zur Kündigung gezwungen und durch Anhänger der früher verbotenen islamistischen Parteien ersetzt. Viele Christen werden bedroht, von ihren Posten entfernt oder sind auf der Flucht.

Wenige Wochen nachdem anhaltende Proteste der Bevölkerung Sheikh Hasina zum Rücktritt und zur Flucht aus dem Land gezwungen haben, verschlechtert sich die Lage für religiöse Minderheiten wie Christen und Hindus. Der 84-jährige Interimspräsident, Nobelpreisträger Muhammad Yunus, scheint machtlos, die zunehmende Islamisierung zu verhindern.

Hasinas Awami-Liga-Regierung hatte die islamistische Oppositionspartei Jamaat-e-Islami von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Die 1941 gegründete Partei unterstützte das pakistanische Militär während des Unabhängigkeitskrieges von Bangladesch 1971. Während Hasinas Amtszeit wurden die meisten ihrer Führer wegen ihrer Rolle im Krieg inhaftiert oder hingerichtet.  

Wiedererstarkte islamistische Kräfte

Am 1. August 2024, auf dem Höhepunkt der Studentenproteste, die zum Sturz der Regierung führten, beschuldigte Hasina die Jamaat-e-Islami des Terrorismus und verbot sie vollständig. Die Übergangsregierung hat dieses Verbot der größten islamistischen Partei und ihres studentischen Flügels später aufgehoben, so dass diese wieder frei agieren kann. Eine andere zuvor verbotene islamistische Organisation, Hizb ut-Tahrir, soll ebenfalls stetig an Einfluss gewinnen. Die Hizb ut-Tahrir, eine weltweite islamisch-fundamentalistische Bewegung, die in vielen Ländern verboten ist, baut offenbar eine starke Unterstützerbasis auf und übt Einfluss auf die Übergangsregierung aus. Bei einer Kundgebung Anfang August machte Hizb ut-Tahrir ihre minderheitenfeindliche Haltung deutlich. Nach Angaben eines lokalen Projektpartners von CSI rief sie dazu auf, Bangladesch zu einem 100-prozentig islamischen Land zu machen. In der Zwischenzeit sind Mobs der Hizb ut-Tahrir auf die Straße gegangen und haben Christen und Hindus mit Gewalt gedroht. „Sie demonstrierten vor unserem Büro und unserem Haus. Sie trugen Schwerter und Schusswaffen bei sich“, berichtet ein Partner von CSI. „Fünf Nächte hintereinander haben sie alle Christen in der Gegend bedroht. Sie haben die Türen mit Kreuzen markiert.“

Lehrer werden zum Rücktritt gezwungen 

In den Wochen nach der Revolution habe in allen Verwaltungsbereichen ein Islamisierungsprozess stattgefunden, nicht zuletzt in den Bildungseinrichtungen des Landes, so der CSI-Partner weiter. „In öffentlichen und privaten Universitäten, Hochschulen, Gymnasien und Grundschulen wurden Schulleiter und Lehrer, die Minderheiten angehören, zum Rücktritt gezwungen und ihre Posten an die Anhänger der Jamaat-e-Islami vergeben“, so der lokale CSI-Partner. Er fügte hinzu: „Jetzt, wo der Prozess im Gange ist, wird davon ausgegangen, dass keine Angehörigen religiöser Minderheiten mehr als Lehrer in irgendeiner Bildungseinrichtung eingestellt werden.“

Der römisch-katholische Erzbischof von Dhaka, Bejoy D’Cruze, gab am 24. August eine Erklärung ab, in der er die Schließung aller katholisch geführten Schulen in Dhaka aufgrund der anhaltenden Instabilität ankündigte. In einem Interview mit Vatican News erklärte D’Cruze einige Tage später, dass die protestierenden Schüler nicht nur den Rücktritt der Lehrer forderten, sondern sich auch über die in den katholischen Schulen getragene Uniform beschwerten. „Sie verlangten, dass der Schleier, der Hidschab, also die islamische Kleidung, in unseren Schulen für die Mädchen vorgeschrieben wird“, so der Erzbischof. 

Säuberung der Strafverfolgungsbehörden

Auch in der Justiz sind tiefgreifende Veränderungen zu beobachten. Richter und Staatsanwälte, die als Hasina-treu gelten, wurden aus ihren Ämtern gedrängt und ihre Plätze durch fundamentalistische muslimische Anwälte besetzt. Auch in den Reihen der Polizei kam es zu Säuberungen. „Viele der Christen, die unter der vorherigen Regierung Stellen im Justizwesen und in verschiedenen Strafverfolgungsbehörden, einschließlich der Polizei, erhalten hatten, wurden entlassen und in abgelegene Gebiete versetzt“, so der lokale Partner von CSI. Er sieht in der Ernennung von radikalen Muslimen in sensiblen Positionen in der Justiz ein unheilvolles Zeichen dafür, dass „Minderheiten und säkulare Bangladescher keine Gerechtigkeit mehr erfahren werden“. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass dies der Fall ist. „Führende Vertreter von Minderheiten wurden in verschiedenen Fällen angeklagt und ihre Religion wurde vor der Erwähnung ihres Namens genannt, zum Beispiel indem man dem Namen Vipul das Wort Christ voranstellte und von einem christlichen Vipul sprach. Dies wird als Ausdruck des religiösen Hasses verstanden.“ 

Der Partner von CSI, der das Land inzwischen zu seiner eigenen Sicherheit verlassen hat, spricht von einer „Bürgerkriegsatmosphäre“ in Bangladesch, wo es bei Hausdurchsuchungen im Namen von Studenten und anderen Kräften zu Plünderungen kommt. Er bittet um Gebete für Frieden und Stabilität.

Spenden

CSI leistet finanzielle Hilfe für 50 vertriebene christliche Familien, damit sie Medikamente, Kleidung und Lebensmittel erhalten. Zudem finanziert CSI sicherheitsrelevante Reparaturen an elf beschädigten Kirchen.

80 bringen Nothilfe zu Opfern der christenfeindlichen Ausschreitungen
50 dienen zu Ausbesserung zerstörter Kirchen
individueller Betrag