Schutzlos am Blauen Nil: Nothilfe für erschöpfte Kriegsflüchtlinge

Die humanitäre Lage im Süden des Sudan ist verheerend: Gerade in Gebieten mit christlicher Bevölkerung, wie in der umkämpften Region Abyei und im Bundesstaat Blauer Nil (Blue Nile) ist die Infrastruktur zerfallen. Dennoch suchen viele dort Schutz vor dem Krieg. CSI-Projektmanager Franco Majok sprach mit Betroffenen.

Die abgelegene Region Abyei ist ein umkämpftes Niemandsland zwischen dem Sudan und dem Südsudan. Beide Länder beanspruchen das Gebiet für sich. Abyei befindet sich etwa 170 Kilometer nordöstlich der südsudanesischen Stadt Aweil.

Stadt ist ein einziges Flüchtlingslager

Elizabeths Tochter wurde auf der Flucht entführt.

Auf Franco Majok wirkt Abyei wie ein riesiges Flüchtlingslager. Und der Schein trügt nicht: Mittendrin hat das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) ein provisorisches Auffanglager errichtet. Täglich strömen neue Ankömmlinge in dieses Lager, in dem ohnehin schon viele Menschen an Hunger leiden. Junge Männer aber auch Frauen werden weiter nach Aweil transportiert, wo es ein permanentes Flüchtlingslager gibt. Die einheimische CSI-Kontaktperson, Bischof Michael Deng, besucht die Flüchtlinge mit seinen Helfern so oft wie möglich, um mit Nahrungsmitteln ihre Not zu lindern.

Tochter entführt

Auch Elizabeth Ayen Mayen (42) braucht dringend Hilfe. Die verwitwete Mutter musste schon zweimal vor Kriegshandlungen flüchten. 2011 floh sie aus der Stadt Agok nach Khartum. Doch als 2023 dort der Bürgerkrieg ausbrach und ihr Mann getötet wurde, sah sie sich gezwungen, mit ihren drei Kindern nach Agok zurückzukehren. Die Flucht erwies sich als gefährlich und anstrengend. „Meine Kinder erkrankten während der langen Fahrt im Lastwagen“, erzählt sie. Irgendwann hielten Muslime aus dem Stamm der Misseriya den Transporter an. „Sie raubten uns aus und nahmen mir die Tochter weg“, schluchzt Elizabeth und ergänzt, dass sie danach zu Fuß weitergehen musste. Trotz ihres großen Leids dankt sie Gott, dass sie noch am Leben ist.

CSI unterstützt gemeinsam mit Bischof Deng Kriegsflüchtlinge wie Elizabeth mit Nahrungsmitteln und Kleingewerbeförderung.

Vernachlässigter Bundesstaat Blauer Nil

Der Blaue Nil (Blue Nile) gehört zu den Bundesstaaten mit christlicher Mehrheit, die von den sudanesischen Machthabern bestenfalls vernachlässigt, häufig aber angegriffen werden.

CSI verteilt Hirse in einem Lager in Yabus, Blue Nile.

Die Sicherheitslage im Blauen Nil, der von der Sudanesischen Befreiungsarmee (SPLA-Nord) kontrolliert wird, ist fragil. Am 19. Dezember 2024 wurde die südöstliche Stadt Yabus durch die Regierungsarmee bombardiert. Betroffen davon war auch ein Flüchtlingslager des UN-Welternährungsprogramms. Drei Mitarbeiter starben.

Die Infrastruktur im Blauen Nil ist seit 2011, als die Region um die Unabhängigkeit vom Sudan kämpfte, zusammengebrochen. „Das nächste Krankenhaus befindet sich in der Stadt Maban im Südsudan. Kranke müssen 15 Stunden marschieren, um dorthin zu gelangen“, erfährt Franco Majok vom Direktor einer Hilfsorganisation, die der SPLA-Nord angegliedert ist. Gerade für Schwangere sei eine solche Distanz tödlich: „Bei vielen Frauen kommt es unterwegs zur Niederkunft, was etliche von ihnen nicht überleben.“

Auch die Schulen sind in einem besorgniserregenden Zustand, so der Direktor weiter. Zudem spitzt sich im Blauen Nil die Hungerkrise zu, denn die prekäre Sicherheitslage hindert die Menschen daran, Landwirtschaft zu betreiben und die Felder zu bestellen. Und jeden Tag treffen in Yabus neue Kriegsflüchtlinge ein.

Es fehlt an allem

Mütter müssen mit ihren Kindern unter Bäumen schlafen.

In vielen Städten ist die Lage explosiv. So auch in Kormok, einer Stadt an der Grenze zu Äthiopien. Von dort stammen Juma Marsa, seine Frau Idia und ihre drei Kinder (Titelbild). Die christliche Familie musste nach einem Bombenangriff fliehen. „Wir waren zwei Monate lang zu Fuß unterwegs, bevor wir hier in Yabus ankamen“, erzählt Juma. Doch im Flüchtlingslager fehlt es an allem. „Wir müssen unter einem Baum schlafen. Um nicht zu verhungern, ernähren wir uns von wilden Blättern“, schildert Juma ihre missliche Lage dem CSI-Projektleiter.

Über 1000 anderen geflüchteten Familien im Lager geht es genauso, beispielsweise Athiep Hussein, seiner Frau Lila und den beiden Kindern. Auch sie mussten Hals über Kopf aus ihrer Heimat Er-Roseires (Blauer Nil) fliehen. Kein Essen, kein Dach über dem Kopf. Was wird erst geschehen, wenn im Juni die Regenzeit einsetzt?

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