Es ist ein Schlag gegen die Religionsfreiheit in Indonesien: Der bisherige christliche Gouverneur der Hauptstadt Jakarta, Basuki Tjahaja Purnama «Ahok», wurde am 9. Mai 2017 wegen angeblicher Blasphemie zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht ordnete die sofortige Verhaftung des 50-Jährigen an. Ahok will gegen das Urteil Berufung eingelegen.
Es ist der traurige Höhepunkt einer bedenklich stimmenden Entwicklung, die von Islamisten in Gang gesetzt wurde und in welcher sich die radikalen Muslime nun als große Sieger feiern lassen können.
Beliebter Gouverneur
2014 hatte Ahok das Amt des Gouverneurs in Jakarta vom damals zum Staatspräsidenten gewählten Joko Widodo geerbt. In seiner Funktion als Gouverneur schaffte es Ahok, das Straßennetz von Jakarta zu verbessern und das Überschwemmungsproblem Indonesiens Hauptstadt in den Griff zu bekommen. Entsprechend war er auch bei vielen Muslimen sehr beliebt. Zudem galt er als unbestechlich.
Am 27. September 2016 reagierte Ahok öffentlich auf Provokationen der radikalislamischen Gruppe «Front zur Verteidigung des Islams». Diese hatte öffentlichkeitswirksam behauptet, dass es eine Sünde sei, einen Nicht-Muslim zu wählen. Dazu zitierte sie die Koransure: «Ihr, die ihr glaubt: Nehmt nicht die Juden und die Christen zu Freunden!» Der 50-jährige Christ bemerkte dabei, man solle sich nicht von jenen leiten lassen, die den Koran zitieren, um seine Wahl zu verhindern. Der Wähler solle selbst entscheiden und sich nicht von der Angst vor der Hölle verunsichern lassen.
In den folgenden Wochen und Monaten gingen mehrere hunderttausend erzürnte Muslime auf die Straße. Alleine am 2. Dezember 2016 demonstrierten über 200.000 konservative Muslime in Jakarta. Sie forderten Ahoks Absetzung als Gouverneur und eine Gefängnisstrafe wegen Blasphemie.
Die Abwahl
Die Forderung der Absetzung erledigte sich am 19. April 2017 von selbst. An diesem Tag verlor Ahok die Wiederwahl gegen den muslimischen Konkurrenten Anies Baswedan. Dieser galt bisher zwar als moderat. Doch im Wahlkampf hatte er die Nähe zu den radikalen Muslimen gesucht.
Das laufende Verfahren wegen Blasphemie dürfte bei Ahoks Wahlniederlage eine wichtige Rolle gespielt haben. Auf der anderen Seite entstand der Eindruck, dass seine Wahlniederlage ihn vor dem Gang ins Gefängnis bewahren würde. Denn nach dem Wahltag wurde der Strafantrag abgemildert: Ahoks Reue und Kompromissbereitschaft rechtfertigten gemäß Anklage eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Verurteilung – Islamisten jubeln
Doch nun wurde der einst beliebte Gouverneur von Jakarta, der noch bis Oktober 2017 im Amt bleiben sollte, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Damit ging das Gericht über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus. In seiner Begründung sagte der Vorsitzende Richter, Dwiarso Budi Santiarto, dass Ahok «überzeugend schuldig ist, Gotteslästerung begangen zu haben.» Das Gericht ordnete die sofortige Verhaftung des Verurteilten an.
Vor dem Gericht feierten Islamisten das Urteil und riefen «Allahu Akbar (Gott ist größer)», meldeten der australische SBS und die britische BBC. Ahok selbst kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Für Greg Fealy, australischer Professor für indonesische Politik, ist klar, dass der Druck der Islamisten bei der Verurteilung von entscheidender Bedeutung war.
Zunehmende Radikalisierung
Indonesien, die bevölkerungsreichste muslimische Nation der Welt, galt lange Zeit als ein Land mit einem ausgeprägt moderaten Islam. Beobachter werten nun das harte Urteil gegen Ahok als schweren Schlag gegen die Religionsfreiheit und den Pluralismus Indonesiens. Es ist ein weiteres Zeichen für die fortschreitende Radikalisierung des Islams in Indonesien.