Keine Straffreiheit für Bhatti-Mörder!

Vor dreieinhalb Jahren wurde Shahbaz Bhatti ermordet. Nach den Tätern wurde nur halbherzig gefahndet, das Verfahren verlief im Sand, die Behörden verweigerten den Zeugen Schutz, so dass sie nicht auszusagen wagten. Wir fordern die Verurteilung der Mörder.

John Eibner und ich trafen Shahbaz Bhatti im März 2010 in seinem Ministerium mitten in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Keine Einlasskontrolle, kein Sicherheitscheck, von der Straße aus gelangten wir direkt ins Treppenhaus und in das im ersten Stock gelegene Wartezimmer des christlichen Ministers, wo sich bereits ein gutes Dutzend Besucher aufhielten.

Der Jurist mit dem von schwarzen Haaren und einem buschigen Schnurrbart umrahmten Gesicht stammte aus einem katholischen Elternhaus. Bereits als Student hatte er eine Menschenrechtsorganisation gegründet und sich tatkräftig für die Rechte verfolgter Christen in seinem Land eingesetzt, zum Beispiel für die Hinterbliebenen von acht Todesopfern in der Stadt Gojra und für Asia Bibi, die 2010 aus nichtigen Gründen wegen «Lästerung des Propheten Mohammed» zum Tod durch Erhängen verurteilt worden war.

Bhatti hatte zum Zeitpunkt unseres Besuchs bereits drei Mordanschläge überlebt. Er sagte, die Anschläge hätten seine Entschlossenheit, sich für die Rechte religiöser Minderheiten einzusetzen, nur noch verstärkt. Doch Talibankämpfer und Mullahs blieben nicht untätig und bliesen zur Hetzjagd auf alle, die sich «göttlichem Recht» widersetzten. Am 2. März 2011 war Shahbaz Bhatti tot. Islamisten stoppten sein ungepanzertes Auto, zerrten den Fahrer heraus und eröffneten das Feuer auf den Minister.

Mörder auf freiem Fuß

Mehr als zwei Jahre nach dem Mord wurde einer der mutmasslichen Täter gefasst: Omar Abdullah, der auch in Verdacht steht, Chaudhry Zulfiqar auf dem Gewissen zu haben, einen der höchsten Staatsanwälte Pakistans. Omar Abdullah konnte sich auf die Agitation seiner islamistischen Freunde verlassen. Sie brachten nicht nur die Zeugen, sondern auch die Staatsanwaltschaft zum Schweigen. Bhattis Fahrer war aus Angst um sein Leben ins Ausland geflüchtet. Auch der von Bhattis Geschwistern beauftragte Anwalt konnte nicht verhindern, dass Abdullah am 11. Juli 2014 freigelassen wurde, auf Kaution und angeblich aus «medizinischen Gründen».

«Wir informierten das Gericht, dass die Zeugen und die Staatsanwaltschaft von Terroristen bedroht wurden, und forderten Polizeischutz», sagte Anwalt Abdul Hameed Rana. Dieser sei jedoch nicht gewährt worden. Die Zeugenaussagen wären klar. Würde die Regierung sich des Falls ernsthaft annehmen, könnten die Mörder verurteilt werden, so der Anwalt.

Islamisten ermorden auch Muslime

Bereits im Januar 2011, zwei Monate vor dem Anschlag auf Shahbaz Bhatti, war der muslimische Gouverneur von Punjab, Salman Taseer, vom eigenen Leibwächter erschossen worden. Wie Shahbaz Bhatti hatte sich auch Taseer gegen den Blasphemie-Paragrafen (Artikel 295 im pakistanischen Strafgesetz) ausgesprochen und die Christin Asia Bibi sogar im Gefängnis besucht.

Am 7. Mai 2014 wurde der Anwalt Rashid Rehman Khan in Multan erschossen. Er war Koordinator der pakistanischen Menschenrechtskommission und wurde kurz zuvor im Gerichtssaal vom Vertreter des Staatsanwalts bedroht, weil er einen Blasphemie-Angeklagten verteidigte.

Ihres Lebens nicht mehr sicher ist auch Sherry Rehman, die ehemalige Botschafterin Pakistans in den USA. Die frühere Ministerin gründete und präsidiert das Jinnah Institute, das sich für Grundrechte, Pluralismus und Frieden einsetzt. Mit deutlichen Worten unterstützt sie derzeit eine Militäroffensive der pakistanischen Regierung gegen die Taliban, die nach deren Angriff auf den Flughafen Karatschi am 10. Juni 2014 gestartet wurde.

Wer sich gegen die Islamisten stellt und für Menschenrechte einsetzt, muss um sein Leben fürchten. Dass die Täter häufig straflos bleiben, ist ein Freipass für weitere Straftaten. Die Regierung muss dem islamistischen Terror ein Ende bereiten und Mörder konsequent bestrafen. 

Autor: Gunnar Wiebalck


«Für Christus will ich leben und sterben»

2005 hatte Shahbaz Bhatti, wohl in Vorahnung seines Todes, ein bewegendes Glaubenszeugnis verfasst. Darin heißt es unter anderem: «Für Christus will ich leben und für Ihn will ich sterben. Deshalb verspüre ich keine Angst in diesem Land. Viele Male wollten mich die Extremisten ermorden oder einsperren. Sie haben mich bedroht, verfolgt und meine Familie terrorisiert. Ich aber sage: Solange ich lebe, bis zu meinem letzten Atemzug, werde ich fortfahren, Jesus und dieser armen, leidenden Menschheit, den Christen, den Notleidenden, den Armen zu dienen. […] Wenn wir diese Mission zu Ende bringen, werden wir uns einen Platz zu Jesu Füßen verdient haben und ich werde Ihn anschauen können, ohne mich schämen zu müssen.»

Abschiedsvideo von Shahbaz Bhatti: