Nigeria: Mehr als 500 Entführte im Süden Kadunas in weniger als einem Monat

Von Luka Binniyat

Bewaffnete Männer drangen in der Nacht des 17. März in Kajuru Station, einer christlichen Gemeinde im Süden des nigerianischen Bundesstaates Kaduna, ein und trieben 86 Bewohner in den Busch. Die Entführung war die jüngste in einer Reihe von Überfällen in Zentral- und Süd-Kaduna in den letzten vier Wochen, denen schätzungsweise 516 Einwohner zum Opfer gefallen sind. 

Usman Danlami Stingo, der den Regierungsbezirk Kajuru in der gesetzgebenden Versammlung des Bundesstaates Kaduna vertritt, bestätigte den Angriff. Laut ihm waren die Täter militante muslimische Fulani. Der Bundesstaat Kaduna liegt im sogenannten Mittleren Gürtel Nigerias. Es ist zu gleichen Teilen von Christen und Muslimen bewohnt, wobei die Christen im Süden des Bundesstaates die Mehrheit bilden. Kaduna wird seit Jahrzehnten von ethnischer und religiöser Gewalt heimgesucht.

„Sie sind entschlossen, unsere Dörfer zu leeren“

Sinto berichtet gegenüber CSI: „Am 13. März kamen sie [militante Fulani] nach Buda, nicht weit von der Stadt Kajuru, und entführten 61 Menschen. Wir warten immer noch darauf, von ihnen zu hören.“ Und weiter: „Erst am vergangenen Samstag [16. März] kamen sie wieder in großer Zahl, aber sie stießen auf den Widerstand unserer freiwilligen Bürgerwehr und konnten nur 14 Menschen mitnehmen. Die Armee und die Polizei scheinen überfordert zu sein, denn die Banditen greifen derzeit auch viele Orte im Süden Kadunas an. Es sieht so aus, als ob sie entschlossen sind, unsere Dörfer zu leeren und uns gänzlich in die Armut zu treiben.“

Und in der Tat scheinen die militanten Fulani die christliche Gemeinschaft im Süden Kadunas zum Ziel anhaltender Massenentführungen gemacht zu haben. Nach einem Rückgang der Übergriffe stiegen sie seit Februar 2024 wieder rasant an. Diese jüngste Welle von Angriffen begann am 16. Februar mit einem Überfall bewaffneter Männer auf eine kleine Gemeinde, bei dem 51 Menschen entführt wurden.

Massenentführung von Schulkindern

Weltweit für Schlagzeilen sorgte jedoch die Entführung von 287 Grund- und Oberschülern am hellichten Tag des 7. März durch bewaffnete Fulani-Hirten im Dorf Kuriga. Entführt wurde auch der Schulleiter Abubakar Isa. Am 24. März wurde berichtet, dass die Entführer alle Kinder freigelassen hätten.

Der Gouverneur des Bundesstaates Kaduna, Uba Sani, besuchte Kuriga schon am Tag nach der Entführung und versicherte der Gemeinde, dass die Behörden jedes Kind so bald wie möglich unverletzt nach Hause bringen würden. Mehrere andere hochrangige Vertreter des Militärs und der Sicherheitsbehörden begaben sich ebenfalls nach Kuriga und sprachen in ähnlicher Weise.

Horrende Lösegeldforderungen

Doch am 13. März erhielt Aminu Jubril, ein Freund des entführten Lehrers, den Anruf, den jedes Familienmitglied oder jeder Freund einer Geisel erwartet – den ersten Kontakt mit den Verbrechern. Die Telefonnummer war versteckt, aber die Stimme war unverkennbar die von Isa, dem Schulleiter.

Isa übermittelte Jubril eine Nachricht, die er an die Regierung weitergeben sollte. Medienberichten zufolge forderten die Entführer ein hohes Lösegeld von 1 Milliarde Naira (734.000 US-Dollar) für die Freilassung der Geiseln.

Daraufhin erklärte Präsident Bola Tinubu, dass seine Regierung im Einklang mit ihrer offiziellen Politik kein Lösegeld zahlen werde.

Das Lösegeld in Höhe von 1 Milliarde Naira verblasst im Vergleich zu den 40 Billionen Naira (29 Milliarden US-Dollar), die von den Angreifern gefordert wurden, die in der Nacht des 28. Februar 17 Einwohner von Gonin Gora, Zentral-Kaduna, entführt hatten. Außerdem forderten diese 11 Hilux-Pickup-Vans und 150 Motorräder.  Das Schicksal der Opfer von Gonin Gora ist nach wie vor unbekannt. Und es scheint praktisch unmöglich, dass irgendjemand 40 Billionen Naira aufbringen kann, um sie freizukaufen. Der nigerianische Bundeshaushalt für 2024 beläuft sich auf 29 Billionen Naira (21 Milliarden US-Dollar).

Nigerianischer Staat soll Fulani angeblich in die Kriminalität drängen

Die von bewaffneten Fulani-Milizen im Süden Kadunas inszenierte Gewalt hat nach Angaben der Southern Kaduna Peoples Union (SOKAPU) zur Vertreibung von mehr als 200 Gemeinden geführt und Tausende von Menschenleben gefordert. Laut SOKAPU haben die Milizen etwa ein Viertel des Gebietes von Süd-Kaduna erobert. 

Die Fulani-Milizen haben ihrerseits ihre Gründe für die Angriffe nicht nur auf die christlichen Gemeinschaften des Mittleren Gürtels, sondern auch auf nicht-fulanische Stammesgruppen in Nordnigeria angeführt. Scheich Ahmad Abubakar Gumi, der die Rolle des Sprechers der Milizen übernommen hat, sagt, der Fulani-Stamm sei von Nigeria schlecht behandelt worden. Sahara Reporters zitiert Gumi mit den Worten, dass Teile der Fulani durch die Umstände im Land in die Kriminalität getrieben worden seien.  Gumi erklärte gegenüber der Zeitung, die Fulani-Milizen seien bereit, ihre Waffen abzugeben, sofern sie erfolgreich mit der Regierung verhandeln könnten. „Wenn sie einen echten Partner haben, sind sie bereit, damit aufzuhören; sie sind müde und wollen Frieden“, sagte Gumi.

Autor Luka Binniyat ist ein preisgekrönter Schriftsteller und freiberuflicher Journalist aus Kaduna, der sich auf Konfliktberichterstattung spezialisiert hat. Im Jahr 2021 verbrachte er einige Zeit im Gefängnis, weil er über Massaker in dem Bundesstaat berichtet hatte.

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