Nachdem Aserbaidschan die armenische Enklave Bergkarabach rund neun Monate belagert hat, startete Baku am 19. September einen groß angelegten militärischen Angriff. Nach Artilleriebeschuss auf zivile Ziele in der Hauptstadt Stepanakert sind die Menschen in Panik. Was kann der Westen tun?
Die militärische Gewalt gegen Bergkarabach wird begleitet von drastischen Worten aus Baku. So kündigte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium eine Militäroperation zur „Neutralisierung der militärischen Infrastruktur“ der Armenier und zur „Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung der Republik Aserbaidschan“ an. Elchin Amirbayov, ein ranghoher Sprecher des aserbaidschanischen Präsidenten, drohte zuvor bereits am 7. September 2023 damit, dass es zu einem Völkermord kommen könne, wenn sich die gewählten Führer von Bergkarabach nicht unterwerfen.
Gegenüber der internationalen Menschenrechtsorgansation Christian Solidarity International (CSI), teilte der Gesundheitsminister der Republik Arzach, Vardan Tadevosyan, mit, dass die Hauptstadt Stepanakert seit Beginn der Angriffe ständig von Artillerie beschossen wird. Wie zahlreiche im Internet kursierende Videos zeigen, kommen hauptsächlich Zivilisten zu Schaden. Und das, obwohl das aserbaidschanische Militär vorgab, mit Hochpräzisionswaffen nur „legitime“ militärische Ziele und keine Zivilisten angreifen zu wollen.
Pfarrer Peter Fuchs, Geschäftsführer von CSI-Deutschland, warnt: „Der Westen muss unmittelbar handeln, um das Leben der rund 120.000 Karabach-Armenier zu schützen. Die Erfahrung aus früheren Angriffen Aserbaidschans zeigt, dass andernfalls Kriegsverbrechen, Vertreibung und im schlimmsten Fall Völkermord drohen.“
CSI warnte bereits seit Beginn der aserbaidschanischen Blockade des Latschin-Korridors vor einem erneuten Krieg. Vom 11. bis 16. September war ein CSI-Team vor Ort und beobachtete aserbaidschanische Militärposten sogar kilometerweit innerhalb der Republik Armenien. Eine Ausweitung des Konflikts auf Armenien ist daher sehr wahrscheinlich.
Am 14. September erklärte Juri Kim, stellvertretender Staatssekretär für europäische Angelegenheiten im US-Außenministerium, in einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats, dass „die USA keine Maßnahmen oder Bemühungen – weder kurz- noch langfristig – zur ethnischen Säuberung oder zu anderen Gräueltaten gegen die armenische Bevölkerung von Bergkarabach dulden werden“.Peter Fuchs hierzu: „Doch genau das tut Aserbaidschan jetzt! Die USA, die anderen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und die EU müssen nun endlich den nötigen Druck aufbauen, um den brutalen Angriffskrieg Aserbaidschans zu beenden. Andernfalls machen sie sich mitschuldig am drohenden Völkermord an den Karabach-Armeniern.“