Hilfe für mental beeinträchtigte Kriegskinder

Kinder mit Behinderungen haben es in Syrien besonders schwer. Häufig werden sie von den Eltern vernachlässigt, da diese um das Überleben der ganzen Familie kämpfen müssen. Die Betreuungszentren von «Le Sénevé» in Homs sind ein Lichtblick. Hier werden insgesamt 100 beeinträchtigte Kinder tagsüber umsorgt.Nahost-Projektleiter Dr. John Eibner besuchte eines der Zentren, das CSI unterstützt.

Das Zentrum «Le Sénevé»zu Deutsch „Das Senfkorn“ in der Altstadt von Homs war 2012 von den Rebellen besetzt und beschädigt worden. Nach der Befreiung durch die syrische Armee wurde das größte Zentrum von «Le Sénevé» mit Hilfe der Spender von CSI saniert und wiedereröffnet. Bei seiner letzten Syrienreise im September 2016 besuchte CSI-Nahost-Projektleiter John Eibner «Le Sénevé» in Syriens drittgrößter Stadt. «Ich bin sehr beeindruckt, mit welchem Engagement sich die Betreuerinnen um die 40 Kinder kümmern, die unter der Woche tagsüber hier sind. Ich freue mich deshalb, dass wir diese wertvolle Arbeit unterstützen können», bemerkt er.

Kinder machen große Fortschritte

Samia Jerij, Ordensschwester von «Sisters of the Sacred Heart», leitet das Zentrum mit viel Herzblut. Sie denkt mit Vertrauen an das Gleichnis Jesu vom Senfkorn, das ihrer Einrichtung den Namen gab. Aus einem kleinen Senfkorn wird ein großer Baum wachsen. Sie ist sich bewusst, das  es Kraft und Energie kostet, Senfkorn Hoffnung zu pflanzen. Am liebsten würde sie noch viel mehr Kindern mit Behinderung einen Platz in ihrer Einrichtung anbieten. „Es schmerzt mich sehr, wenn wir Kinder wegen Platzmangels abweisen müssen. Denn wir sehen, welche Fortschritte sie hier bei uns machen.

Die meisten Kinder und Jugendlichen im Zentrum leiden an Trisomie 21, Autismus oder psychischen Erkrankungen. Im Zentrum der Homser Altstadt kümmern sich die Betreuer liebevoll um sie. Ihre Fähigkeiten werden durch individuellen Unterricht, Spiele, gestalterische oder auch sportliche Aktivitäten gezielt gefördert. Soweit wie möglich werden die Kinder auf ein Leben in Selbstständigkeit vorbereitet. Schwester Samia geht davon aus, dass rund ein Drittel der Kinder ihren Lebensunterhalt einmal selbst bestreiten werden. «Natürlich wird es für sie nicht einfach sein, eine Arbeit zu finden. Es gibt in Syrien ja viele gesunde Menschen, die ohne Job sind», bleibt sie realistisch.

Auch Eltern werden unterstützt

Für die Kinder und ihre Eltern ist das Zentrum auf jeden Fall ein Segen, gerade in dieser schweren Zeit. Durch die große Not des Krieges sind viele Eltern am Rande ihrer körperlichen, seelischen und materiellen Kräfte. «Für die besonderen Bedürfnisse, die Kinder mit Behinderungen haben, ist kein Raum mehr», berichtet Schwester Samia. «Sie erfahren wenig Zuwendung. Es fehlt an der nötigen Geduld. Manchmal kommen sie sogar beim Essen zu kurz.»

Um diesem Missstand zu begegnen, lädt das Zentrum die Mütter der betreuten Kinder zweimal im Monat zum «Mütter-Club» ein. Hier erfahren sie mehr über die persönlichen Beeinträchtigungen ihrer Kinder und lernen auch, wie sie ihre Kinder gezielt begleiten und fördern können. Für Schwester Samia sind die betreuten Kinder ein Geschenk Gottes, das viel Freude bereiten kann. Sie erinnert sich: «Zur Zeit des Krieges in Homs sangen und tanzten sie ganz unbekümmert, während zeitgleich Mörsergranaten einschlugen.»

Gleichwohl kann die erfahrene und stets Freude ausstrahlende Leiterin die Sorgen und Nöte der Eltern gut nachvollziehen. Die finanzielle Lage ist durch den Krieg sehr schwierig geworden. Deshalb erhalten die 40 Kinder im Zentrum auch Kleidung und werden mit Essen durchgängig verpflegt.

Doch die Arbeit der Zentren von «Le Sénevé» hat noch einen weiteren wichtigen Effekt. In einem Land wie Syrien, mit überwiegend muslimischer Bevölkerung, stammen natürlich viele der betreuten Kinder aus sunnitischen Familien. Die gute Arbeit unter christlicher Leitung wurde und wird in der Gesellschaft sehr deutlich wahrgenommen. «Muslimische Eltern vertrauen ihre Kinder in der Regel gerne einer christlichen Institution an», beobachtet Schwester Samia. So kommt es zu Begegnungen unter Menschen, die die gleichen Probleme und Nöte haben. Die Bedeutung von religiösen Trennlinien, die durch den Krieg entstanden, wird klein. Die Liebe Gottes wird groß.

Reto Baliarda


Ein guter Arbeitgeber

Insgesamt arbeiten 44 Fachkräfte in den drei Zentren von «Le Sénevé», die meisten davon in jenem in der Altstadt von Homs. Einige der Mitarbeiter sind Binnenvertriebene, die ihr zerstörtes Haus oder die Wohnung verlassen mussten und oft Angehörige durch den Krieg verloren haben. In diesen ungewissen Zeiten bietet ihnen die feste Arbeitsstelle in den Zentren von «Le Sénevé» wieder etwas Stabilität und ermöglicht ihnen zudem, für das Auskommen der eigene Familie zu sorgen.