Die Angst vor weiteren Überfällen bleibt

Christliche Dorfbewohner im Norden Nigerias sind häufig schutzlos den Angriffen von Dschihadisten ausgeliefert. Die Täter kommen oft ungeschoren davon, weshalb nicht alle die Rückkehr ins Dorf wagen. CSI-Projektkoordinator Franco Majok hat Überlebende von Überfällen besucht.

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Thomas Bwayin ist verzweifelt. Der schlimme Überfall der Fulani-Kämpfer auf drei Dörfer hat seine ganze Familie ausgelöscht. Am 14. März 2014 stürmten die Islamisten kurz vor Mitternacht auf die christlichen Dörfer Manchok, Ungwan-Sankwaj und Ungwan-Kurach im Bundesstaat Kaduna los. Sie eröffneten zur gleichen Zeit mit Maschinengewehren das Feuer. «Ich hatte mein Haus verlassen. Fünf Minuten lang hörte ich ununterbrochen Gewehrschüsse», erzählt Bwayin unter Tränen.

Die Angreifer setzten alle Häuser und Kirchen in Brand. Etwa 200 Menschen kamen beim Überfall ums Leben. Viele verbrannten bei lebendigem Leibe im Haus, so auch Bwayins Frau und seine drei Kinder. «Ich konnte nicht einmal mehr das Gesicht meiner Frau erkennen», berichtet er.

Die Überlebenden flohen aus dem Flammeninferno in die nächstgelegenen Städte wie Kafanchan, der Hauptstadt von Kaduna. Nach einigen Monaten wagten viele unter Polizeischutz die Rückkehr in ihre Dörfer. Sie fingen wieder an, das fruchtbare Land zu bewirtschaften.

Doch seitdem im Herbst 2015 die Polizei wieder abgezogen ist, geht bei den Rückkehrern die Angst vor weiteren Überfällen um. Denn die brutalen Fulani-Kämpfer kamen alle unerkannt davon.

Gleichwohl sind die Rückkehrer tief dankbar für die Hilfe von CSI. Dazu Franco Majok: «Unsere Unterstützung bedeutet den Menschen hier sehr viel. Auch wenn es nur einfache Lebensmittelpakete sind, so sind sie für die Rückkehrer eine grosse Ermutigung.»

Nicht alle Überlebenden sind in ihre Dörfer zurückgekehrt. Thomas Bwayin ist in seinem Zufluchtsort geblieben und hofft, mit einem Kleingewerbe einen Neuanfang machen zu können.

Schlimmes Ende eines Freudenfestes

Die Überfälle der Fulani vom 14. März 2014 waren keineswegs Einzelfälle. Immer wieder ist es in der jüngeren Vergangenheit zu tödlichen Übergriffen gekommen, so auch am 9. Juni 2015.

Dieser Tag sollte für die Bewohner des christlichen Dorfes Katsak ein glücklicher Tag werden. Mit einem Fest drückten sie ihre Freude über die erfolgreiche Ernte aus. «Es war acht Uhr abends, als plötzlich Fulani-Hirten aus den Wäldern drangen, aufs Dorf zurannten und auf die feiernde Menschenmenge schossen», erinnert sich Dorfvorsteher Sunday Afuwai. Elf Menschen wurden getötet, ebenso viele schwerverletzt. Auch bei diesem Überfall kamen die Täter bis heute ungeschoren davon. Wer unverletzt überlebte, floh nach Kafanchan.

Seit Herbst sind viele Überlebende zurückgekehrt. Doch auch ihnen steckt die Angst vor erneuten Angriffen in den Knochen. Denn die Bewohner sind in diesem abgelegenen und schwer zugänglichen Dorf einem Überfall praktisch schutzlos ausgeliefert.

Identität wird nicht ausgelöscht

Auf Wunsch von CSI-Partner Pater Michael werden die Massengräber in einzelne Gräber umgewandelt. «Mit je einem Grabstein soll aller Verstorbenen gedacht werden. Zugleich wird dadurch der Wille der Dorfbewohner zum Ausdruck gebracht, sich nicht verjagen zu lassen, und dass ihre Identität nicht einfach ausgelöscht werden kann. Wir unterstützen dieses Projekt», erklärt Franco Majok.

Zudem werden die überlebenden Dorfbewohner medizinisch betreut. Auch hier arbeitet CSI mit der Erzdiözese von Kafanchan zusammen.

Reto Baliarda