Nach vier Jahren Haft wegen Blasphemievorwürfen kam Nabeel Masih am 18. März 2021 auf Kaution frei (CSI berichtete darüber). Nabeel wurde als Minderjähriger wegen Blasphemie inhaftiert und 2018 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Man warf ihm fälschlicherweise vor, auf Facebook ein Bild veröffentlicht zu haben, das einen Schweinekopf auf der Kaaba in Mekka zeigte.
Nach seiner Entlassung auf Kaution muss sich Nabeel nun regelmäßig beim örtlichen Gericht melden. Damit ist Nabeel der großen Gefahr ausgesetzt, von wütenden Muslimen aus seinem Stadtviertel angegriffen zu werden. Der von den CSI-Partnern geforderte Polizeischutz für Nabeel wurde nicht gewährt. CSI sorgt nun für Nabeels Sicherheit.
Im Interview mit CSI schildert der 20jährige Christ den traurigen Gefängnisalltag aber auch seine Freude über das neue Leben im Kreis seiner Familie.
CSI: Wir sind so dankbar für deine Freilassung, Nabeel. Wie hast du die letzten vier Jahre in Haft erlebt?
Nabeel Masih: Die Anfangszeit im Gefängnis war sehr schlimm. Ich wurde allein in eine Zelle gesperrt, in der ich zunächst nur eine Zudecke, ein Glas und einen Teller haben durfte, keine persönlichen Sachen. Ich konnte nicht schlafen. Das Essen war so ungenießbar, dass ich es hinunterwürgen musste.
Wegen der Blasphemieanklage wurde ich von den anderen Insassen gemieden. Niemand wollte mit mir sprechen. Stattdessen wurde ich mit Schimpfwörtern erniedrigt. Selbst für die Gefängniswärter war es ein Skandal, sich in meiner Nähe aufhalten zu müssen. Ich wurde von ihnen wie ein Tier behandelt, wurde verbal und physisch missbraucht.
CSI: Welche Momente gaben dir Hoffnung?
Nabeel: Als ich ins Gefängnis kam, konnte ich kaum lesen und schreiben. Ich wollte beides lernen, habe viel dafür gebetet und Gott erhörte meine Bitten. Zweimal die Woche erhielt ich während zehn Minuten Urdu-Unterricht. Dazu gab es Hausaufgaben. So eignete ich mir ein wenig Lesen und Schreiben an. Dies motivierte mich, in der Bibel zu lesen, was meinen Glauben an Gott stärkte.
CSI: Du warst in Einzelhaft. Wie sah dein Tagesablauf aus?
Nabeel: Um 6 Uhr wurde ich geweckt. Ich erhielt Tee, der einer braunen Brühe glich. Nach dem Frühstück betete ich. Manchmal las ich. Doch vor allem schlief ich viel, da ich allein war und nichts zu tun hatte. Die Tage vergingen mit Weinen, Schlafen und Nichtstun. Um zwölf Uhr gab es Mittagessen und um 17 Uhr Abendessen.
Jeden Freitag durfte mich meine Familie für zwanzig Minuten besuchen.
CSI: Was waren deine größten Wünsche oder Träume während der Haft?
Nabeel: Mein größter Wunsch war, meine Familie wiederzusehen und für sie da zu sein. In dieser Zeit wurde mir der Wert der Familie so richtig bewusst.
CSI: Welches Gefühl kam in dir auf, als du von deiner bevorstehenden Freilassung hörtest?
Nabeel: Als der Anwalt Naseem Anjum mir sagte, dass ich auf Kaution freikommen würde, konnte ich vor Freude und gleichzeitig auch vor Angst nicht mehr essen und schlafen. Die Angst, dass im letzten Augenblick doch noch etwas schiefgehen könnte, war allgegenwärtig. Die 15 Tage zwischen der Mitteilung und der definitiven Freilassung waren schwieriger als die vier Jahre Haft.
CSI: Jetzt bist du frei, wie fühlst du dich?
Nabeel: Die Freude darüber, meine Familie wiederzusehen, ist grenzenlos. Doch wenn ich an die letzten vier Jahre denke, schaudert es mich. Aber ich bin so dankbar, dass ich dieses Osterfest mit meiner Familie feiern durfte. Zuerst danke ich Gott, doch ebenso CSI. Mir fehlen die Worte, um meine Freude und Dankbarkeit auszudrücken.
CSI: Hast du gewusst, dass sehr viele Menschen für dich beten?
Nabeel: Ja, Hanook (CSI-Partner) erzählte mir während seiner Gefängnisbesuche immer wieder, dass viele besorgte Menschen für mich beten und an mich denken. Dafür bin ich sehr dankbar.
CSI: Wie siehst du deine Zukunft?
Nabeel: In erster Linie will ich mit Gottes Hilfe meiner Familie dienen und ihr ein besseres Leben ermöglichen. So will ich das Leid wiedergutmachen, das ich ihr durch die Inhaftierung zugefügt habe. Die finanzielle Lage meiner Familie ermöglicht es mir nicht, zur Schule zu gehen. Daher würde ich gerne eine Arbeit finden, um meiner Familie zu helfen.
CSI: Du musst regelmäßig bei Gericht erscheinen. Wie erlebst du dies?
Nabeel: Ich habe große Angst. Meine Gegner könnten mir jederzeit etwas antun. Solange wir nach einem Gerichtstermin nicht zuhause angekommen sind, stehen meine Familie und ich unter einer großen Anspannung.
CSI: Tatsächlich siehst du im Gericht auch deine Ankläger, die mal deine Nachbarn waren. Was empfindest du für sie?
Nabeel: Ich spüre große Wut aber auch Trauer. Diese Menschen haben viereinhalb Jahre meines Lebens ruiniert. Doch nicht ich muss urteilen, das macht Gott. Ich übergebe ihm alles. Er soll das Urteil sprechen.
So helfen Sie Nabeel und weiteren Opfern des Blasphemieparagraphen: