Fußball WM und Christenverfolgung

Eine Kolumne von Giuseppe Gracia

Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2022 wird über Katar allerlei Negatives publiziert. Nur über die millionenfache Verfolgung von Christen in dem Wüstenstaat hört man nichts. Das scheint medial sogar ein Tabu zu sein. Zu Recht empört man sich über die islamische Haltung zu Frauenrechten, zur Medienfreiheit oder Homosexualität. Dass Katar jedoch zu den schlimmsten Ländern der Welt gehört, wenn es um die Lebensbedingungen von Christen geht, weckt wenig Interesse.

 

Die Repressionen gegen Christen in Katar gehen sowohl vom Staat wie von der Gesellschaft aus. Christliche Konvertiten müssen mit Unterdrückung, Ausgrenzung und Gewalt rechnen. Wer sich zum christlichen Glauben bekennt, dem drohen Schikane, Diskriminierung und im schlimmsten Fall der Tod.

 

Vom vierten bis zum neunten Jahrhundert war das Christentum am Persischen Golf relativ verbreitet. Mit dem Aufkommen des Islams wurden die meisten Christen vertrieben oder ausgelöscht. Heute bilden sie eine Minderheit. Katar ist eine Monarchie. Der Emir und die Regierung orientieren sich am wahhabitischen Islam und an der Scharia. Christen sind Bürger zweiter Klasse, die öffentliche Glaubensausübung ist verboten. Wer vom Islam zum Christentum konvertiert, riskiert grundsätzlich sein Leben, ganz besonders als Frau.

 

Während die Stars des Weltfußballs in diesen Wochen also zaubern und ihnen Millionen überall auf der Welt applaudieren, die Organisatoren ihren Reichtum vermehren und sich Katar im globalen Marketinglicht inszenieren kann, leiden die Christen jenseits der Schweinwerfer weiter unter Verfolgung, Isolation und Folter.

 

Tausende von verschwundenen Kindern, von vergewaltigten und getöteten Frauen und Männern: offensichtlich hat ihr Schicksal für unsere Medien keine Relevanz und für unsere Regierungen keine Priorität. Dabei wäre die WM eine Gelegenheit, die Scheinwerfer auf die Situation der Christen zu richten und zu erkennen: wenn der Westen weiter wegschaut, während er mit Katar Milliardengeschäfte macht, verschuldet er die Verfolgung mit. Das ist nicht nur eine moralische Bankrotterklärung, sondern höhlt die westliche Rede vom universalen Anspruch der Menschenrechte massiv aus. Das kann nicht im Interesse der humanitären Tradition sein, und die mediale Aufmerksamkeit der WM müsste genau dieses Interesse wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen.

 

Giuseppe Gracia (55) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neues Buch «Die Utopia Methode» (Fontis Verlag, 2022) beleuchtet die Gefahren utopischer Politik.

Redaktioneller Hinweis: Kolumnen geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und nicht notwendigerweise die von CSI.