Islamisten wollen Nigeria vereinnahmen

Der Nigerianer Dr. Emmanuel Franklyne Ogbunwezeh ist bei CSI verantwortlich für die Genozid-Prävention in Afrika. Im Interview berichtet er von der Christenverfolgung in seinem Heimatland und dem drohenden Völkermord. Doch er hat auch Hoffnung.

 

In den letzten Jahren wurden in keinem Land so viele Christen wegen ihres Glaubens getötet wie in Nigeria. Wie sah dies 2020 aus?

Dr. Ogbunwezeh: Gemäß dem Online-Portal christianitytoday.com war Nigeria 2020 nach Pakistan das Land, in dem Christen der schlimmsten Gewalt ausgesetzt waren. Gemäß den Daten der nigerianischen NGO Intersociety wurden letztes Jahr 2.400 Christen in Nigeria umgebracht. Damit stieg die Zahl der seit 2009 in Nigeria getöteten Christen auf 34.600.

 

Die Christen in Nigeria werden besonders bedroht von den islamistischen Terrorgruppen Boko Haram, ISWAP und Fulani-Extremisten?

Dr. Ogbunwezeh: Ja, dies sind die einflussreichsten Terror-Gruppen, deren Ziel es ist, das Christentum in Nigeria auszulöschen und einen islamischen Staat zu errichten. In einem Land wie Nigeria, wo die Christen fast 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen, kann ein solches Ziel nicht ohne Blutvergießen vom Ausmaß eines Völkermordes erreicht werden.

Zudem haben die zwölf nördlichen Bundesstaaten 1999 die Scharia eingeführt, was das Leben der dort wohnenden Christen erschwert. Wir sehen eine Diskriminierung von gut qualifizierten Christen bei der Besetzung von Regierungsposten. Auch werden christliche Unternehmen benachteiligt.

 

Greifen die Fulani-Islamisten auch gemäßigte Muslime an?

Dr. Ogbunwezeh: Wir haben bis heute keine Beweise dafür, dass die Fulani-Nomaden jemals Muslime angegriffen hätten. Sie sind bekannt dafür, christliche Dörfer zu attackieren und zu plündern. Boko Haram und ISWAP sind besonders im Nordosten aktiv, während die Fulani besonders im Zentrum des Landes Christen töten, gleichzeitig aber immer mehr in den Süden vordringen.

 

Sind der Süden und Nordwesten für Christen noch relativ sichere Landesteile?

Dr. Ogbunwezeh: Diese beiden Gebiete sind im Verhältnis zu den Regionen im Norden und im Zentrum Nigerias für Christen sicherer. Doch Boko Haram und die Fulani-Nomaden wollen ganz Nigeria vereinnahmen. Christen in Nigeria können nur dann sicher sein, wenn diese Terror-Gruppen gestoppt werden.

 

Haben sich die Fulani-Hirten mit der Wahl von Muhammadu Buhari zu Nigerias Präsidenten radikalisiert?

Dr. Ogbunwezeh: Die Wahl von Buhari scheint sie ermutigt zu haben, ihre abscheulichen Taten zu begehen. Buhari ist ein Muslim und ein Fulani. Der Eindruck, den er bei vielen Christen hinterlassen hat, ist, dass er zuerst die Fulani berücksichtigt. Dann kommen die anderen Muslime und anschließend der Rest. Das sorgt für Unruhe in Nigeria.

Das Schlimme ist, dass fast keiner der Extremisten jemals strafrechtlich verfolgt worden ist. Die Straflosigkeit ist das Gerüst, auf dem die Christenverfolgung in Nigeria aufgebaut wurde.

 

Was sollte die Regierung Nigerias tun, um die Angriffswelle gegen Christen zu stoppen?

Dr. Ogbunwezeh: Sie muss das Leben aller Nigerianer schützen. Ich würde die gegenwärtige Regierung nicht für alle Probleme verantwortlich machen. Seit der Unabhängigkeit war keine Regierung in der Lage, Nigeria auf den Weg des Friedens und des Fortschritts zu bringen. Nigeria muss zudem politisch dezentralisiert und umstrukturiert werden. So wäre die staatliche Polizei in der Lage, rascher auf Bedrohungen zu reagieren.

Zudem sollte die Regierung die frustrierte Jugend erreichen, für die es ohne Perspektiven eine verlockende Option ist, sich Boko Haram anzuschließen. Dies kann durch Bildungsprojekte, Ausbildungsprogramme oder auch Selbsthilfe-Initiativen geschehen.

 

Wie beurteilen Sie die Zukunft der Christen Nigerias?

Dr. Ogbunwezeh: Ein Land mit über 80 Millionen Christen kann nicht ohne Hoffnung sein. Die nigerianischen Christen glauben, dass die gegenwärtige Dunkelheit sie nicht verschlingen wird, denn sie wissen wie Hiob, dass „ihr Erlöser lebt“.

Zudem helfen sich die nigerianischen Christen gegenseitig, mit wenigen Mitteln. Wir sehen zum Beispiel die Kommission Justitia et Pax in verschiedenen katholischen Diözesen Nigerias, die viele Projekte zum interreligiösen Dialog initiiert, Hungernde speist oder auch Krankenhäuser und Schulen baut. Zudem ist sie eine ernstzunehmende Stimme, wenn es darum geht, die nigerianische Regierung zur Verantwortung zu ziehen. CSI unterstützt einige dieser Diözesen, damit Christen in Nigeria überleben können.

Spenden

Dringende Hilfe für die verfolgten Christen Nigerias

15 Medikamente für Opfer des Dschihad
45 Beitrag zur Schulbildung für Kinder
66 Großes Lebensmittelpaket für eine Familie
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