Vom Wert der klassischen Familien

Eine Kolumne von Giuseppe Gracia

In Westeuropa ist Familienpolitik zunehmend zur Wirtschaftspolitik geworden, und zum Tummelplatz der Gender-Bewegung. Emanzipation, Geschlechter-Gerechtigkeit? In diesen Fragen geht es der Politik und der Wirtschaft nur vordergründig darum. In Wahrheit scheint es das Ziel zu sein, dass möglichst alle Personen erwerbstätig sind und Einkommensteuer zahlen. Freie Märkte und Wettbewerb sind eine gute, für den Wohlstand wichtige Sache. Es braucht dazu allerdings den Schutz der Familie und ihrer Freiheit, sich nicht hineinzwingen zu lassen in die Gesetze der Wirtschaft. Familie muss ein Ort der Entschleunigung bleiben, ein Ort der unverzweckten Beziehungen. Jeder braucht eine solche zwischenmenschliche Heimat ohne Leistungsdenken.

 

Totalitäre Bewegungen der Vergangenheit richteten sich stets gegen die starke, unabhängige Familie. Denn eine solche Familie ist der beste Schutzwall gegen staatliche Bevormundung. Und auch heute ist die Familie Gegenstand verschiedener Programme der Relativierung, Umerziehung und Humanverwertung. Der Krippenplatz-Feminismus und die Ökonomisierung der Schule sind ein Ausdruck dieser Dynamik. Wir sagen „Vielfalt“ und „Freiheit“, bewegen uns damit aber in Richtung Austauschbarkeit und Konkurrenz. Das Leben als Fitnesscenter. Dazu passt der Erwerbszwang für beide Elternteile, denn heute ist es für einen Handwerker oder eine Krankenschwester kaum möglich, mit einem einzigen Einkommen eine Familie durchzubringen.

 

Der Raum, in dem der Mensch einfach sein darf, wie er ist, geschätzt um seiner selbst willen, geliebt von der Empfängnis bis zum Tod, wird kleiner, enger. Die christliche Vision von Familie kann hier Gegensteuer geben. An der Weltbischofssynode 2015 hatte Papst Franziskus betont, Ehe und Familie seien eine göttliche Berufung und keine wirtschaftspolitische Verfügungsmasse.

 

Das kann auch für die Politik ein Impuls sein, um die gegenwärtige Kultur der Optimierung und Totalverwertung in Frage zu stellen. So dass wieder wahr werden kann, was der Philosoph Theodor Adorno in den 1960’er Jahren gesagt hat: „Die Ehe ist die letzte Form der Subversion im Zeitalter des Warentausches.“

 

 

Giuseppe Gracia (55) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neuer Roman «Schwarzer Winter» (Fontis Verlag, 2023) handelt von terroristischen Klimaaktivisten.

Redaktioneller Hinweis: Kolumnen geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und nicht notwendigerweise die von CSI.