Bei einer Protestaktion gegen die Tötung von Christen in Lahore wurde Anwar selbst Opfer eines Attentats. Nach monatelanger Hoffnungslosigkeit hat der tapfere junge Mann wieder zurück ins Leben gefunden.
Bis Frühjahr 2015 war der Christ Anwar Masih aus Youhanabad (christlicher Vorort von Lahore) voller Energie und körperlich fit. Am 15. März 2015 wurde der junge Mann Zeuge, wie sich ein islamistischer Selbstmordattentäter am Eingangstor einer Kirche in die Luft sprengte. Viele von Anwars Freunden starben bei diesem und einem zweiten Anschlag am selben Tag. Andere überlebten schwer verletzt. Er selbst entging dem Tod und blieb unversehrt.
Auto zertrümmerte sein Bein
Am folgenden Tag protestierte Anwar zusammen mit anderen Überlebenden friedlich gegen die Anschläge auf die Kirchen von Youhanabad. Poster und Banner schrien ihre Verzweiflung mit Sätzen wie «Warum tötet ihr uns?», «Stoppt die Morde an Christen» und «Lasst uns am Leben» heraus. Plötzlich raste ein schwarzer Toyota direkt in die Demonstranten hinein, drei Menschen starben, weitere sechs wurden schwer verletzt. Anwar verlor sein linkes Bein oberhalb des Knies. Warum die Fahrerin, eine Muslimin, ihr Auto damals in die Menge gelenkt hat, blieb ungeklärt. Eine Entschädigung für die Opfer gab es nicht.
Neues Leben nach Apathie
Am 9. Juli 2015 trafen wir Anwar Masih zum ersten Mal. Er konnte nicht mehr arbeiten und war wegen Mietschulden aus der Wohnung geworfen worden. Mit kurzgeschorenem Haar sass er apathisch auf einer Holzpritsche – zwischen den Gräbern des katholischen Friedhofs von Youhanabad. Dass sich Besucher aus dem Ausland für ihn und sein Schicksal interessierten, war für den von allen vergessenen Christen eine neue Erfahrung. Seither kümmert sich der einheimische Pfarrer Bashir im Auftrag von CSI um ihn.
Im Februar 2016 besuchten wir Anwar erneut. Sein Leben hat eine Wende zum Besseren genommen. Seine Verletzungen sind verheilt. Mit Hilfe eines Gehgestells kann er sich trotz des Beinverlusts wieder fortbewegen. Anwar hat eine Werkstatt für Schuhreparaturen eröffnet und kann jetzt sogar den eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Für eine Beinprothese, die jetzt sein grösster Wunsch ist, reicht das bescheidene Einkommen jedoch nicht. «Die Gemeinde von Pfarrer Bashir betet für mich», berichtet Anwar. «Wenn es Gottes Wille ist, stehe ich eines Tages wieder auf zwei Beinen».
Gunnar Wiebalck, Projektleiter Pakistan
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